Rotierende Gasscheibe und Materiestrahlen richten sich an Drehrichtung eines Schwarzen Lochs aus
Stanford (USA) - In der Umgebung Schwarzer Löcher geht es chaotisch zu: Schwerkraft, Reibung und Magnetfelder beeinflussen das einfallende, sich in einer rotierenden Scheibe sammelnde Gas. Doch starke Magnetfelder sorgen dafür, dass diese so genannte Akkretionsscheibe und auch die vom Schwarzen Loch ausgehenden Materiestrahlen sich an der Rotation des Schwarzen Lochs ausrichten. Das zeigen komplexe Simulationen des Materieeinfalls unter Berücksichtigung magnetohydrodynamischer und allgemeinrelativistischer Effekte durch ein Team amerikanischer Astrophysiker. Die „Magneto-Spin-Ausrichtung“ sei ein wichtiger Effekt, der die Entwicklung supermassiver Schwarzer Löcher und ihrer Wirtsgalaxien beeinflussen könne, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Science“.
„Die Rotationsachse eines Schwarzen Lochs ist durch seine Geschichte – den bisherigen Einfall von Materie und die Verschmelzung mit anderen Schwarzen Löchern – bestimmt“, schreiben Jonathan McKinney von der Stanford University und seine Kollegen. „Im Gegensatz dazu kann das frisch einfallende Gas eine beliebige Drehrichtung aufweisen.“ Daher könne im Prinzip die Akkretionsscheibe beliebig gegen die Äquatorebene des rotierenden Schwarzen Lochs geneigt sein. Bislang war kein allgemeiner Mechanismus bekannt, der zu einer Ausrichtung der Akkretionsscheiben führen kann.
Die Simulationen von McKinney und seinen Kollegen zeigen nun erstmals, dass Magnetfelder diese Aufgabe übernehmen können – und zwar insbesondere bei so genannten „dicken“ Akkretionsscheiben, wie sie bei supermassiven Schwarzen Löchern in den Zentren von Galaxien auftreten. Die einfallende Materie trägt Magnetfelder mit sich, die zum Aufbau einer Magnetosphäre um das Schwarze Loch führen. Diese Magnetosphäre richtet sich an der Rotationsachse des Schwarzen Lochs aus.
Ist die Akkretionsscheibe gegen die Rotationsebene des Schwarzen Lochs geneigt, so wirken magnetische Kräfte auf das ionisierte Gas und sorgen so für eine Ausrichtung zumindest der inneren Scheibe an der Drehung des Schwarzen Lochs. Das Magnetfeld des Schwarzen Lochs sorgt auch dafür, dass ein Teil der Materie der Akkretionsscheibe nicht in das Schwarze Loch hineinfällt, sondern in zwei eng gebündelten Strahlen – den so genannten Jets – mit hoher Geschwindigkeit weit ins All hinaus geschossen wird. Und auch diese Jets richten sich entlang des Magnetfeld – und damit der Drehung – des Schwarzen Lochs aus. Die „Magneto-Spin-Ausrichtung“ führe, so die Forscher, zu einer schnelleren Abbremsung der Rotation des Schwarzen Lochs und zur Bildung stärkerer Jets „und beeinflussen damit möglicherweise die kosmologische Entwicklung der Masse und der Rotation der Schwarzen Löcher“.
Bildquelle: McKinney/University of Maryland/Ralf Kaehler/KIPAC