Entdeckung von zwei neptunähnlichen Begleitern in einem alten Sternhaufen zeigt: Entstehung von Planeten ist robuster als gedacht
Cambridge (USA) - Selbst enge Begegnungen zwischen jungen Sternen und Supernova-Explosionen in unmittelbarer Nachbarschaft könnten offenbar entstehenden Planeten nicht viel anhaben. Darauf deutet die Entdeckung von zwei neptunähnlichen Planeten im eine Milliarde Jahre alten Sternhaufen NGC 6811 hin. Bislang war unter Astronomen umstritten, ob in Haufen mit einer hohen Sternendichte überhaupt Planeten entstehen können. Anzahl und Eigenschaften der im Rahmen eines Suchprogramms gefundenen Himmelskörper deuten jedoch darauf hin, dass es in Sternhaufen vergleichbar viele Planeten gibt wie um isoliert stehende Sterne, so das Entdeckerteam im Fachblatt „Nature“.
Sterne entstehen nicht allein, sondern zumeist in großer Zahl – so genannten offenen Sternhaufen – aus sich langsam verdichtenden Gaswolken. In 95 Prozent der offenen Haufen ist die Dichte mit weniger als 3500 Sternen pro Kubik-Lichtjahr zu gering, um sie dauerhaft durch die Schwerkraft zusammenzuhalten: Innerhalb weniger hundert Millionen Jahren fallen sie auseinander, ihre Sterne werden zu Einzelgängern. Die verbleibenden fünf Prozent haben zehn- bis hundertfach höhere Sterndichten und können deshalb ein deutlich höheres Alter erreichen – so wie der rund 3000 Lichtjahre entfernte offene Haufen NGC 6811.
„Die stellare Umgebung in solchen Sternhaufen ist völlig anders als am Geburtsort der Sonne oder anderer isolierter Sterne“, erläutern Søren Meibom vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics im amerikanischen Cambridge und seine Kollegen. Nahe Sternexplosionen könnten protoplanetarische Scheiben um junge Sterne fortblasen, enge Vorübergänge zwischen Sterne Planeten aus der Bahn werfen. Während Astronomen bereits über 800 Planeten unterschiedlicher Größe bei isolierten Sternen aufgespürt haben, kannten sie bislang lediglich vier jupiterähnliche Riesenplaneten in offenen Sternhaufen. So lag der Verdacht nahe, insbesondere kleinere Planeten würden die turbulenten Bedingungen in jungen, dichten Sternhaufen nicht überstehen.
Die Untersuchung von Meibom und seinen Kollegen korrigiert dieses Bild nun jedoch. Im Rahmen eines speziellen Programms mit dem inzwischen außer Betrieb gegangenen Weltraumteleskop Kepler überwachten die Astronomen die Helligkeit von 377 Sternen in NGC 6811. Bei zwei Sternen stießen sie auf regelmäßige Abschwächungen der Helligkeit durch neptungroße Planeten, die – von der Erde aus gesehen – auf ihrer Bahn vor den Sternen vorüberziehen. Das entspricht statistisch gesehen der Zahl, die zu erwarten ist, wenn die Häufigkeit von Planeten in offenen Sternhaufen ähnlich ist wie bei isoliert stehenden Sternen. „Die Entdeckung von zwei kleinen Neptuns ist also ein Indiz dafür, dass die Entstehung und die langfristige Stabilität von kleineren Planeten auch bei hohen Sterndichten äußerst robust ist“, so die Forscher. Der Befund soll nun anhand weiterer Beobachtungsdaten noch älterer Sternhaufen weiter überprüft werden.
Bildquelle: NASA/Anthony Ayiomamitis