ALMA beobachtet erstmals Entstehung normaler Galaxien 800 Millionen Jahre nach dem Urknall
Pisa (Italien) - Astronomen ist erstmals ein detailreicher Blick in die Entstehungszeit normaler Galaxien gelungen. Beobachtungen eines internationalen Forscherteams mit der Radio-Teleskopanlage ALMA in der chilenischen Atacama-Wüste zeigen frisches kühles Gas, aus dem sich neue Sterne bilden können, abseits der Zentralregion einer jungen Galaxie. Damit öffnet ALMA ein Fenster in die Epoche der Reionisation, betonen die Forscher im Fachblatt „Monthly Notices of the Royal Astronomical Society“.
„Zum ersten Mal sehen wir frühe Galaxien nicht nur als winzige Lichtflecken, sondern als Objekte mit einer inneren Struktur”, sagt Andrea Ferrara von der Scuola Normale Superiore im italienischen Pisa. Bisherige Beobachtungen haben sich eher auf außergewöhnlich helle – und damit besser sichtbare – Objekte mit hohen Sternentstehungsraten konzentriert. Doch solche Galaxien sind nicht typisch für den jungen Kosmos. Die überwiegende Zahl der normalen Galaxien deutete sich bislang jedoch nur als unscheinbare, leuchtschwache Fleckchen an.
ALMA, das „Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array“, besteht aus insgesamt 66 Antennen mit sieben bis zwölf Metern Durchmesser. Der von dem Großteleskop abgedeckte Wellenlängen-Bereich eignet sich besonders gut zur Beobachtung junger Galaxien im frühen Kosmos. Die Strahlung der ersten Sterne hat in der Zeit zwischen 150 Millionen und einer Milliarde Jahren nach dem Urknall das im Kosmos verteilte Wasserstoffgas ionisiert und damit für Strahlung durchsichtig gemacht. Über den genauen Ablauf dieser Epoche ist bislang jedoch wenig bekannt.
Ferrara und seine Kollegen gelang es nun mit ALMA, die spezifische Strahlung von kühlen Gaswolken in der Galaxie BDF2399 nachzuweisen. Die Astronomen gehen davon aus, dass zunächst im Zentralbereich einer Galaxie Sterne entstehen – und die Strahlung dieser Sterne dann kühles Gas aus der Umgebung heraus bläst. Erst weiter außen können Wolken aus kühlerem Gas bestehen bleiben und dort weitere Sterne produzieren. Die Position der von dem Team beobachteten Strahlung abseits des Galaxienzentrums bestätigt diese Vorstellung.
Die Kombination der ALMA-Beobachtungen mit Computersimulationen ermöglicht es den Forschern nun, Schlüsselprozesse bei der Bildung der ersten Galaxien im Detail zu verstehen. Die Effekte der Strahlung von Sternen, das Überleben von Molekülwolken, das Entkommen von ionisierter Strahlung sowie die komplexe Struktur des interstellaren Mediums können berechnet und erstmals mit Beobachtungen verglichen werden. „Wir versuchen seit Jahren, die Reionisation zu verstehen. Jetzt können wir endlich unsere Vorhersagen und Hypothesen mit realen Daten vergleichen“, so Ferrara. „Derartige Beobachtungen werden viele der hartnäckigen Probleme zu lösen helfen, die wir mit der Bildung der ersten Sterne und Galaxien im Universum haben.”
Bildquelle: ESO/R. Maiolino