Ring aus Gas als Anzeichen einer planetaren Katastrophe

Im jungen Sonnensystem prallte die Ur-Erde mit einem marsgroßen Planeten zusammen – und aus den Trümmern entstand der Mond. Eine ähnliche planetare Katastrophe hat sich offenbar bei einem 93 Lichtjahre entfernten, erst 23 Millionen Jahre alten Stern ereignet. Wie Beobachtungen eines internationalen Astronomen-Teams mit der Radioteleskop-Anlage ALMA in Chile zeigen, ist der Stern nicht nur von ungewöhnlichem Staub, sondern auch von einem Ring aus Gas umgeben. Dieser Ring, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature“, lasse sich nur durch die Kollision zweier planetarer Körper erklären.

Dort, wo bei unserer Sonne die Gesteinsplaneten ihre Bahn ziehen, hatten frühere Beobachtungen bei dem Stern HD 172555 große Mengen an Staub gezeigt. Aus der Größe der Staubkörner und ihrer chemischen Zusammensetzung folgerten die Astronomen, dass der Staub bei Zusammenstößen von Himmelskörpern entstanden sein müsse. Zwei mögliche Erklärungen kamen dafür infrage: Entweder es gibt dort einen Asteroidengürtel, in dem es viele kleinere Zusammenstöße gibt, oder die Kollision zweier größerer planetarer Körper hat den Staub produziert.

Tajana Schneiderman vom Massachusetts Institute of Technology in den USA und ihre Kollegen sind jetzt bei Beobachtungen von HD 172555 mit ALMA, dem Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array, auf die Strahlung von Kohlenmonoxid gestoßen. Eine genaue Analyse der ALMA-Daten zeigte, dass das Gas nicht gleichmäßig um den Stern verteilt ist, sondern einen Ring um den Stern bildet – genau dort, wo frühere Beobachtungen auch den Staub nachgewiesen hatten.

„Die einzige Möglichkeit, dieses Gas zu erklären, ist ein großer Zusammenstoß“, so Schneiderman. Denn wenn einer der beiden beteiligten planetengroßen Objekte eine Atmosphäre besitzt, geht diese bei der Kollision verloren – und das Gas breitet sich im Weltall aus. „Theoretische Studien haben jedoch bislang gezeigt, dass dieses Gas schnell wieder verschwindet und deshalb keinen Einfluss auf die weitere Entwicklung eines Planetensystems nimmt.“ Das muss nun offenbar revidiert werden. Denn die Kollision bei HD 172555 ist etwa 200.000 Jahre her – und das Gas ist immer noch da und hat sich sogar in einem stabilen Ring angesammelt.

„Damit kann das Gas auch die weitere Entwicklung in dem System beeinflussen“, so Schneiderman. „Die theoretischen Modelle müssen also künftig Effekte durch das bei großen Zusammenstößen freigesetzte Gas berücksichtigen.“ Wichtiger noch ist Schneiderman und ihren Kollegen aber ein anderer Aspekt ihrer Entdeckung: Sie beweise nicht nur, dass es bei HD 172555 eine große planetare Kollision gegeben hat, sondern liefere zugleich eine neue Methode, nach solchen Zusammenstößen zu suchen – nämlich nach dem dabei freigesetzten Gas. „Wenn wir viele junge Systeme auf diese Weise untersuchen“, so die Forscherin, „dann können wir einen Eindruck davon erhalten, wie wichtig die Rolle großer Zusammenstöße bei der Entwicklung von Planetensystemen ist.“

Bildquelle: NASA/JPL-Caltech