Bombardement durch Asteroiden und Kometen war erheblich stärker als bislang angenommen
Bereits vor 3,5 Milliarden Jahren begannen Cyanobakterien damit, per Photosynthese Sauerstoff zu produzieren. Doch erst eine Milliarde Jahre später bildete sich eine Sauerstoff-Atmosphäre. Woher diese Verzögerung kam, hat jetzt ein Forscherteam aus den USA, Österreich und Deutschland herausgefunden: Einschläge von Asteroiden und Kometen haben in dieser Epoche – dem Archaikum – für einen Abbau des Sauerstoffs gesorgt. Wie die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature Geoscience“ berichten, waren solche Einschläge zehn Mal häufiger als bislang angenommen – und hatten einen entsprechend stärkeren Einfluss auf die Entwicklung der Erdatmosphäre.
Ohne Sauerstoff gäbe es kein höher entwickeltes Leben auf der Erde: Menschen, Tiere und Pflanzen benötigen Sauerstoff, um bei ihrem Stoffwechsel effektiv Energie zu gewinnen. Die Lufthülle der Erde enthält etwa 20 Prozent Sauerstoff – aber das war nicht immer so: Die ursprüngliche Atmosphäre unseres Planeten bestand hauptsächlich aus Wasserdampf und Kohlendioxid – freien Sauerstoff gab es noch nicht. Erst als vor 3,5 Milliarden Jahren Cyanobakterien die Photosynthese „erfanden“, kam als Abfallprodukt dieses Prozesses Sauerstoff ins Spiel.
Zwar bauten zunächst Oxidationsprozesse den Sauerstoff wieder ab. Trotzdem hätte die Atmosphäre sich seither langsam mit Sauerstoff anreichern können. Doch das geschah erst vor etwa 2,4 Milliarden Jahren – und dann sehr plötzlich. Mit unterschiedlichen Theorien haben Geologen versucht, diese Verzögerung zu erklären. Doch dabei haben sie einen entscheidenden Effekt übersehen, wie jetzt Simone Marchi vom Southwest Research Institute in den USA und seine Kollegen zeigen: den Einfluss von Asteroiden und Kometen auf die Entwicklung der Erdatmosphäre.
Der Einschlag größerer Himmelskörper lässt sich nicht nur mithilfe von Kratern nachweisen, sondern auch in Bohrkernen tiefer Sedimentschichten. Denn ein solcher Aufprall schleudert geschmolzenes Gestein in die Atmosphäre, das dann weltweit in Form sandkorngroßer Kügelchen herabregnet. Diese „Sphärulen“ finden sich insbesondere in Sedimentschichten aus dem Archaikum. „Die bisherigen theoretischen Modelle dieser Epoche unterschätzen die Zahl von Schichten mit Sphärulen erheblich,“ erläutert Marchi das Ergebnis seiner Forschungsgruppe. „Offenbar gab es zehn Mal mehr Einschläge großer Körper als bisher angenommen.“
Insbesondere Objekte mit mehr als zehn Kilometern Durchmessern haben bei ihrem Einschlag große Mengen an Gasen produziert, die über chemische Reaktionen atmosphärischen Sauerstoff abbauen konnten. Das deckt sich mit einer anderen, bislang rätselhaften Beobachtung am Ende des Archaikums: Dort zeigen sich immer wieder Anstiege des Sauerstoffgehalts, die abrupt mit einen Verschwinden des Sauerstoffs enden. „Wir vermuten, dass diese Sauerstoff-Ausbrüche durch Einschläge beendet wurden, die den Sauerstoff verbraucht haben“, so Team-Mitglied Laura Schäfer von der Stanford University in den USA. Wie die Forscher zeigen, stimmen diese Ereignisse auch zeitlich mit Schichten von Sphärulen überein.
Erst vor 2,4 Milliarden Jahren ging die Zeit des „Großen Bombardements“ durch Asteroiden und Kometen zu Ende – und damit konnte der Sauerstoff-Anteil in der Erdatmosphäre rasch ansteigen. Geologen sprechen von der „Großen Sauerstoff-Katastrophe“, denn für viele der bis dahin vorherrschenden, primitiven Lebensformen war Sauerstoff giftig und so kam es zu einem massenhaften Artensterben. Der Sauerstoff führte auch zu einem Abbau des Treibhausgases Methan und löste so eine große Eiszeit auf der Erde aus. Doch für das Leben auf unserem Planeten war diese Katastrophe zugleich ein Chance: Erst der energetisch günstigere Stoffwechsel mit Sauerstoff ermöglichte die Entwicklung vielzelliger, komplexer Lebensformen bis hin zu uns Menschen.
Bildquelle: NASA/GSFC