Aus Schwarzen Löchern kann nicht einmal Licht entkommen – doch sie sind die hellsten Strahlungsquellen im Universum
Schwarze Löcher zählen zu den seltsamsten und faszinierendsten Gebilden, die je von Wissenschaftlern erdacht worden sind. In der Science Fiction dienen sie als Zeitmaschinen oder als Tore in andere Universen – doch solche Vorstellungen sind weit von der physikalischen Realität entfernt. Dabei ist die Realität spektakulär genug: Schwarze Löcher sind die gewaltigsten Kraftwerke im Kosmos: Der Einfall von Materie in die Schwerkraft-Fallen setzt Strahlung frei, die noch über Milliarden von Lichtjahren hinweg beobachtbar ist.
Schon im 18. Jahrhundert kamen Forscher wie John Michell und Pierre Laplace auf die Idee, es könne „dunkle Sterne“ geben, deren Schwerkraft so groß ist, dass nicht einmal Licht von ihrer Oberfläche ins All entkommen kann. Doch erst die Allgemeine Relativitätstheorie Albert Einsteins ermöglichte es, einen solchen Extremzustand physikalisch exakt zu beschreiben. Der deutsche Astronom Karl Schwarzschild war 1916 der erste, der die komplizierten Gleichungen löste - während er als Soldat im ersten Weltkrieg an der Front in Russland diente. Presst man genügend Materie auf engem Raum zusammen, so Schwarzschilds Ergebnis, dann wird die Schwerkraft schließlich so groß, dass sich ein „Ereignishorizont“ bildet. Er umschließt einen Bereich, aus dem keine Strahlung – also auch keine Information - nach außen gelangen kann. Innerhalb des Horizonts gerät die Schwerkraft geradezu außer Kontrolle: Die Materie stürzt unaufhaltsam immer weiter zusammen. Ein Punkt unendlicher Dichte und unendlicher Schwerkraft entsteht, die so genannte Singularität.
In der Natur entstehen Schwarze Löcher - den Namen prägte der britische Physiker John Wheeler in den 1960er Jahren - aus großen Sternen am Ende ihres Lebens. Wenn ihr Vorrat an Kernbrennstoff aufgebraucht ist, vergehen diese Sterne in einer gewaltigen Supernova-Explosion. Die Detonation schleudert zwar einen großen Teil der Sternenmaterie ins All hinaus, aber der innere Kern des Sterns stürzt in sich zusammen. Enthält dieser Kern mehr als das Zweieinhalbfache der Sonnenmasse, so ist der Kollaps selbst durch die starke Kernkraft nicht mehr aufzuhalten - ein Schwarzes Loch entsteht.
Es ist paradox: Obwohl aus diesen Objekten kein Licht entkommen kann – und genau deshalb heißen sie Schwarze Löcher – verraten sie sich doch durch ihre Strahlung. Genauer: Durch Strahlung, die in ihrer unmittelbaren Umgebung entsteht. Kosmischen Staubsaugern gleich ziehen Schwarze Löcher mit ihrer ungeheuren Schwerkraft Gas aus ihrer Umgebung an. Doch dieses Gas fällt nicht direkt in den Schlund eines Schwarzen Lochs hinein – es sammelt sich zunächst in einer schnell rotierenden Scheibe um das Schwerkraftmonster an. Dort heizt es sich durch Reibung gewaltig auf und sendet dadurch Strahlung in allen Wellenlängenbereichen aus – charakteristische Strahlung, die den Astronomen die Anwesenheit eines Schwarzen Lochs verrät.
Noch spektakulärer als die rotierende Scheibe ist ein weiteres Phänomen: Starke Magnetfelder verhindern, dass das gesamte Gas aus der rotierenden Scheibe in das Schwarze Loch hinein strömt – ein Teil schießt in stark gebündelten Strahlen, den so genannten Jets, mit nahezu Lichtgeschwindigkeit mehrere hundert Lichtjahre weit ins All hinaus. Und es geht noch weitaus größer: Bei supermassiven Schwarzen Löchern können die Jets sogar hunderttausende von Lichtjahren lang sein.
Nach heutigen Kenntnissen beherbergt nahezu jede Galaxie in ihrem Mittelpunkt ein solches Monster mit der millionen- oder gar milliardenfachen Masse unserer Sonne. Der Einfall von Materie lässt manche dieser supermassiven Schwarzen Löcher als „Quasare“ aufleuchten, als kosmische Leuchtfeuer, die mehr Strahlung aussenden als ganze Galaxien. Auch unsere Milchstraße besitzt in ihrem Herzen ein Schwarzes Loch mit einer Masse von rund vier Millionen Sonnen. Den Rekord hält gegenwärtig die 3,5 Milliarden Lichtjahre entfernte Galaxien OJ 287 mit einem Schwarzen Loch, das 18 Milliarden Sonnenmassen auf die Waage bringt.
Bislang wissen die Astronomen nicht, wie diese gewaltigen Monster entstanden sind. Vielleicht sind im jungen Kosmos aus riesigen Gaswolken zunächst nicht - wie im heutigen Universum - Sterne, sondern Schwarze Löcher mit mehreren tausend Sonnenmassen entstanden. Eine andere Möglichkeit ist, dass in dichten Sternhaufen viele aus Sternen entstandene Schwarze Löcher zu größeren Schwarzen Löchern verschmolzen sind, die ebenfalls mehrere tausend Sonnenmassen enthielten. Diese Schwerkraftfallen mittlerer Größe sind dann durch weitere Zusammenstöße zu den heuten Monstern angewachsen.Zumindest einige solcher Schwarzer Löcher mittlerer Masse sollten bis heute überlebt haben. Nach ihnen suchen die Astronomen mit großem Aufwand – bislang jedoch ohne Erfolg. Ein guter Kandidat ist der Kugelsternhaufen Omega Centauri, der rund zehn Millionen Sterne enthält. Und, möglicherweise, ein Schwarzes Loch mit der 40.000-fachen Sonnenmasse. Doch noch ist diese Hypothese unter den Himmelsforschern umstritten. Die Suche nach den Mittelgewichten unter den Schwarzen Löchern geht also weiter.
Kosmische Tore
Bei der mathematischen Beschreibung Schwarzer Löcher zeigt sich, dass es neben den Gleichungen, die den Raum innerhalb und außerhalb des Ereignishorizonts beschreiben, weitere Gleichungen gibt, die ein dazu gespiegeltes System beschreiben – ein weiteres Schwarzes Loch, dass sich an einem anderen Ort, zu einer anderen Zeit oder sogar in einem anderen Universum befindet. Die Verbindung zwischen den beiden Gravitationsfallen wird nach ihren Entdeckern Einstein-Rosen-Brücke oder heute auch als Wurmloch bezeichnet. Diese Wurmlöcher sind es, die in der Science Fiction als kosmische Tore Verwendung finden. Doch bislang gibt es keinerlei Beweis dafür, dass es die mathematischen Konstrukte auch in der Realität gibt oder geben kann. Theoretische Analysen zeigen, dass vermutlich so genannte exotische Materie nötig ist, um Wurmlöcher zu erschaffen und offen zu halten. Exotische Materie besäße im Gegensatz zu normaler Materie eine negative Energiedichte – auch hier gibt es keinerlei Indiz dafür, dass solche Materie überhaupt in der Natur existiert. So bleiben Reisen durch Wurmlöcher in ferne Galaxien, in die Vergangenheit oder in andere Universen vorerst, wenn nicht für immer, eine Sache der Phantasie.
Bildquelle: Nasa