Sie ziehen den Raum mit sich – und zerreißen so die Scheiben aus Gas, die sie füttern

Ein relativistischer Effekt hilft manchen Schwarzen Löchern dabei, schneller Materie zu verschlingen als bislang vermutet: Bei ihrer Rotation ziehen sie den umgehenden Raum mit sich, reißen so die sie umgebende Scheibe aus heißem Gas in zwei Teile und sorgen auf diese Weise für einen schnelleren Fall der Materie in ihren Schwerkraft-Rachen. Das zeigen Computersimulationen eines Forschungsteams aus den USA und den Niederlanden. Damit lasse sich erklären, warum manche Quasare innerhalb von Monaten ihre Helligkeit dramatisch ändern können, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt „Astrophysical Journal“.

Quasare sind Schwarze Löcher mit der millionen- oder gar milliardenfachen Masse unserer Sonne in den Zentren ferner Galaxien. Von außen zuströmendes Gas bildet eine rotierende Scheibe – von Astronomen Akkretionsscheibe genannt – um das Schwarze Loch. Durch Reibung erhitzt sich das Gas in dieser Scheibe und leuchtet hell auf. Deshalb senden Quasare bis zu tausendmal mehr Licht aus als die sie umgebende Galaxie. Vom inneren Rand der Scheibe strömt Gas in das Schwarze Loch hinein und lässt es so langsam anwachsen.

„In der traditionellen Beschreibung sind solche Akkretionsscheibe dünn und axialsymmetrisch“, schreiben Nicholas Kaaz von der Northwestern University in den USA und seine Kollegen. Insbesondere rotieren die Gasscheiben in der Äquatorebene des Schwarzen Lochs – denn das macht die Berechnung der Gasströmungen einfacher. „Doch das Gas, das von außen auf ein Schwarzes Loch zuströmt, weiß nicht, wie dieses sich dreht“, erläutert Kaaz weiter, „warum also soll es sich gerade in der Äquatorebene ansammeln?“

Und während das einfache Modell zwar erfolgreich einen großen Teil der Quasare erklären kann, scheitert es an solchen, die ihre Helligkeit schnell verändern. Diese Objekte ändern sich oft auf der Skala von Monaten dramatisch. „Es sieht so aus, als würde der innere Teil der Akkretionsscheibe vollkommen zerstört und anschließend neu befüllt“, beschreibt Kaaz das Phänomen. „Mit dem klassischen Modell der Akkretionsscheiben lässt sich so etwas nicht erklären.“

Kaaz und seine Kollegen sind jetzt einen neuen Weg gegangen: Mithilfe eines Supercomputers haben sie eine Akkretionsscheibe simuliert, die stark – um 65 Grad – gegen die Äquatorebene eines Schwarzen Lochs geneigt ist. Und dabei zeigte sich ein unerwartetes, komplett neues Phänomen. Da das Schwarze Loch bei seiner Rotation gemäß den Vorhersagen der Allgemeinen Relativitätstheorie von Albert Einstein den Raum um sich herum mitzieht, beginnt die Akkretionsscheibe zu Torkeln – und zwar nahe am Schwarzen Loch stärker als weiter außen. Dieser Unterschied wird schließlich so groß, dass die Scheibe in zwei Teile zerreißt. Die innere und die äußere Scheibe taumeln nun unabhängig voneinander um das Schwarze Loch.

Dabei prallen sie an ihren Rändern immer wieder aneinander, was zu einem starken Massenzufluss von der äußeren auf die innere Scheibe führt. Als Folge davon stürzt das Gas der inneren Scheibe erheblich schneller in das Schwarze Loch – so schnell, dass sie komplett zerstört wird. „Wir sehen tatsächlich, dass die innere Scheibe komplett verschwindet. Und damit erlischt die Helligkeit des Quasars“, so Kaaz. Genau, wie es bei den schnell veränderlichen Quasaren beobachtet wird.

Nachdem der Quasar scheinbar erloschen ist, strömt jedoch weiter Gas aus der äußeren Scheibe in den nun leeren inneren Bereich hinein – dort entsteht eine neue Akkretionsscheibe. „Der Quasar wird also langsam wieder heller und der ganze Prozess beginnt von vorn“, sagt Kaaz. Die Computersimulation beschreibe demnach korrekt und vollständig das bei manchen Quasaren beobachtete Verhalten. „Die konventionelle Theorie dagegen bietet weder eine Erklärung dafür, warum die innere Scheibe überhaupt verschwindet, noch dafür, wie sie so schnell neu entstehen kann.“

Allerdings haben Kaaz und seine Kollegen dieses Phänomen bislang nur in einer einzigen Simulation mit einer vorher festgelegten Konfiguration von Schwarzem Loch und Akkretionsscheibe zeigen können. Es seien jetzt viele weitere Simulationen mit unterschiedlichen Massen der Schwarzen Löcher und unterschiedlichen Neigungswinkeln der Akkretionsscheiben nötig, so die Forscher. Nur so können man herausfinden, in welchen Situationen sich die Helligkeit von Quasaren derart schnell verändern kann.

Bildquelle: Nick Kaaz/Northwestern University