Radioteleskop-Anlage liefert Hinweis auf bislang übersehene Population von Sternenleichen

Amsterdam (Niederlande) - Er dreht sich 707 Mal pro Sekunde um sich selbst: Damit ist PSR J0952-0607 der am schnellsten rotierende Pulsar in der Scheibe unserer Milchstraße und der zweitschnellste aller bekannten Pulsare. Ein internationales Astronomenteam hat den neuen Rekord-Pulsar mit LOFAR entdeckt, einer aus 25.000 kleinen, über die Niederlande, Deutschland, Schweden, Großbritannien und Frankreich verteilten Antennen bestehenden Radioteleskop-Anlage. Mit der Entdeckung dieses und eines weiteren schnell rotierenden Pulsars habe LOFAR gezeigt, dass es eine große Zahl bislang übersehener Pulsare in der Milchstraße geben könnte, so die Forscher im Fachblatt „Astrophysical Journal Letters“.

„Die am schnellsten rotierenden Pulsare scheinen bei niedrigen Frequenzen am hellsten zu strahlen“, sagt Jason Hessels von der Universität Amsterdam. „Wenn das tatsächlich der Fall ist, dann ist LOFAR besonders gut geeignet dafür, weitere, möglicherweise noch schneller rotierende Pulsare aufzuspüren.“ Denn LOFAR, das Low Frequency Array, ist auf Beobachtungen bei sehr niedrigen Frequenzen, also extrem großen Wellenlängen, spezialisiert.

Pulsare sind stark magnetisierte Neutronensterne, die durch den gravitativen Kollaps massereicher Sterne entstehen. Ihre regelmäßig pulsierende Strahlung entsteht durch die Beschleunigung von Teilchen in der rotierenden Magnetosphäre der Neutronensterne. Durch die Beobachtung extrem schnell rotierender Pulsare erhoffen sich die Forscher Einblicke in die innere Struktur dieser Sternenleichen und zugleich neue Erkenntnisse über das Verhalten von Materie unter extremen Bedingungen.

Die Suche nach Pulsaren mit LOFAR hat allerdings mit dem Problem zu kämpfen, dass Gas und Staub in der Milchstraße die Ausbreitung niederfrequenter Radiostrahlung stören. Hessels und seine Kollegen konnten dieses Problem mit einem neuen numerischen Verfahren zur Bildauswertung lösen. Ein erster Testlauf mit LOFAR im vergangenen Jahr lieferte mit dem Pulsar PSR J1552+5437 sofort einen Erfolg. Dieser Pulsar dreht sich 412 Mal pro Sekunde. Und bereits die zweite Beobachtungsrunde in diesem Jahr förderte den neuen Rekord-Pulsar PSR J0952-0607 zutage.

Neben der Radiostrahlung senden Pulsare auch Gammastrahlung aus. Hessels und seine Kollegen konzentrieren sich deshalb bei ihrer Suche mit LOFAR auf Gammaquellen am Himmel, deren Ursprung bislang unbekannt ist. Die Forscher konnten bereits zeigen, dass die Gammastrahlung von PSR J1552+5437 im Gleichtakt mit der Radiostrahlung pulsiert. Es scheine also eine physikalische Verbindung zwischen der Erzeugung der beiden Strahlungsarten zu geben, so die Forscher.

Bildquelle: ASTRON