Gibt es einen „Großen Filter“, der die Entwicklung von Leben und technischen Zivilisationen über einen gewissen Punkt hinaus verhindert?
Die Suche nach außerirdischen Zivilisationen begann bereits in den 1960er Jahren. Damals startete der amerikanische Radioastronom Frank Drake mit der Antenne des Observatoriums Green Bank die erste Suche nach künstlichen Radiosignalen aus den Tiefen des Weltalls.
Seither gab und gibt es zahllose, immer aufwändigere Projekte, die unter der Bezeichnung SETI laufen: Search for Extraterrestrial Intelligence, Suche nach außerirdischer Intelligenz. Und die Forscher beschränken sich inzwischen bei ihrer Suche nicht länger nur auf die Sterne der Milchstraße, sondern richten ihre Teleskope auch auf ferne Galaxien. So sucht das Murchison Widefield Array in Australien, einer aus 4096 Dipolantennen bestehenden Anlage, derzeit 2800 Galaxien nach Anzeichen von künstlichen Signalen ab.
Bislang waren alle diese Suchaktionen erfolglos. Sind wir Menschen also doch allein im All? Gibt es einen „Großen Filter“, der die Entwicklung von Leben und technischen Zivilisationen über einen gewissen Punkt hinaus verhindert – zu einem Zeitpunkt, bevor Signale oder Raumsonden ins All hinaus gesendet werden?
Die Entstehung von Leben in einfacher, einzelliger Form scheint jedenfalls keine große Hürde zu sein. Erste Bakterien gab es auf der Erde nach heutigen Erkenntnissen bereits vor 4,2 Milliarden Jahren, als unser Planet gerade eben weit genug abgekühlt war, um die nötigen komplexen biochemischen Prozesse zu erlauben.
Und auch der Sprung von Einzellern zu mehrzelligen, komplexeren Lebensformen scheint kein Nadelöhr zu sein, wie der Astrobiologe Dirk Schulze-Makuch von der TU Berlin erläutert: „Das ist in der Evolution des Lebens viele Male passiert. Schaut man sich den Baum des Lebens an, so sind manchmal in der gleichen Familie Organismen, die einzellig und mehrzellig sind, und die sogar zwischen Einzelligkeit und Mehrzelligkeit einfach wechseln können.“
Haben sich erst einmal komplexere Lebensformen gebildet, so sieht Schulze-Makuch auch die Entstehung von Intelligenz als zwangsläufig an: „Es gab intelligente Tintenfische schon vor etwa 300 Millionen Jahre, intelligente Vögel und Delphine seit mindestens etwa 50 Millionen Jahren.“ Erst danach, so der Forscher, tritt ein Problem auf: „Keine von diesen Organismen hat technologische Intelligenz erreicht – Werkzeuge zu benutzen, um andere Werkzeuge herzustellen.“
Ist das also der Sprung von Intelligenz zur Technik der „Große Filter“? Ist der Kosmos voller Leben – aber Lebensformen, die Technik entwickeln, um über interstellare Distanzen zu kommunizieren, sind eine große, allzu seltene Ausnahme? Loeb glaubt dies nicht, sieht aber andere Gefahren: „Vielleicht schaffen technische Zivilisationen es nicht, ihre Planetensysteme zu verlassen, bevor sie durch eine Katastrophe zugrunde gehen.“
Und mögliche Katastrophen gibt es viele. Je weiter die technische Entwicklung einer Zivilisation fortschreitet, desto mehr Mittel stehen ihr auch für die eigene Vernichtung zur Verfügung – von einem Atomkrieg bis zu außer Kontrolle geratenen Genmanipulationen bei Krankheitserregern. Und auch kosmische Katastrophen können der Entwicklung außerirdischer Intelligenzen abrupt ein Ende setzen. Wer weiß, wie die Dinosaurier sich weiterentwickelt hätten, wenn nicht vor 65 Millionen Jahren der Einschlag eines großen Asteroiden zu einem massenhaften Artensterben auf der Erde geführt hätte.
Und noch eine andere Erklärung für das vermeintliche Schweigen des Weltalls ist denkbar: Vielleicht erkennen wir die Außerirdischen einfach nicht. Der amerikanische Science-Fiction-Autor Arthur C. Clarke bemerkte einst, jede Technik, die uns hinreichend voraus ist, sei von Magie nicht zu unterscheiden – und damit nicht mehr als Technik erkennbar. Die Möglichkeit sieht auch Loeb. Sonden, die schon vor Jahrmillionen zur Erde gekommen sind, „könnten wie ein integraler Bestandteil unserer natürlichen Umgebung wirken“, so der Wissenschaftler.
Die Suche aufzugeben, ist deshalb aber keine Alternative. „Die Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg ist schwer abzuschätzen“, schrieben die Physiker Giuseppe Cocconi und Phillip Morrison schon 1959, als erste Ideen für SETI-Projekte aufkamen. „Aber wenn wir nicht suchen, so sind die Erfolgsaussichten gleich Null!“ Ein Satz, der auch heute noch unverändert gültig ist.
Bildquelle: Green Bank Observatory