Forscher weisen Übergangszustand vor Entstehung eines Schwarzen Lochs nach
Wenn zwei Neutronensterne zusammenstoßen, entsteht ein Schwarzes Loch. Doch in manchen Fällen kann sich vor dem finalen Kollaps kurzzeitig ein größerer Neutronenstern bilden. Einem Forscherteam aus den USA ist es jetzt erstmalig gelungen, die Existenz dieses theoretisch vorhergesagten Übergangszustands nachzuweisen. Er verrät sich durch ein kurzzeitiges, hochfrequentes Zirpen im Bereich der Gammastrahlung, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature“.
„Kurze Ausbrüche von Gammastrahlung entstehen durch den Zusammenstoß und die Verschmelzung von Neutronensternen“, erläutern Cecilia Chirenti von der University of Maryland und ihre Kollegen. „Solche Ereignisse beobachten wir sowohl mithilfe von Gravitationswellen als auch in weiten Bereichen der elektromagnetischen Strahlung.“ Insbesondere verraten sich die kosmischen Katastrophen durch kurze, weniger als zwei Sekunden andauernde Ausbrüche hochenergetischer Gammastrahlung am Himmel. Theoretische Untersuchungen zeigen, das es unter bestimmten Umständen – abhängig von den Massen und dem weitgehend unbekannten inneren Aufbau der beiden Neutronensterne – nach der Verschmelzung nicht sofort zur Entstehung eines Schwarzen Lochs kommen muss. Stattdessen bildet sich zunächst ein größerer Neutronenstern, der allerdings extrem kurzlebig ist: Er existiert lediglich für zehn bis dreihundert Millisekunden, bevor er dann doch zum Schwarzen Loch kollabiert.
Computersimulationen auf Basis der Relativitätstheorie zeigen, dass die Entstehung dieses Neutronensterns zu einem kurzzeitigen Ausbruch von hochfrequenten Gravitationswellen führt. Diese lassen sich jedoch – im Gegensatz zu den Gravitationswellen des Verschmelzungsvorgangs an sich – mit den derzeitigen Detektoren nicht nachweisen. Doch die Gravitationswellen sollten auch die bei der Verschmelzung als Nebenprodukt entstehenden Gammastrahlen beeinflussen und auch dort zu einem kurzen „Zirpen“ führen – und dieses Signal müsste sich, so Chirenti und ihre Kollegen, in den Daten einiger Gamma-Ausbrüche aufspüren lassen.
Zwar gab es bereits erfolglose Versuche anderer Forscher, ein solches Signal zu finden. Doch diese hatten nach einem kurzen, streng regelmäßigen Zirpen gesucht. Chirenti und ihre Kollegen lockerten jetzt diese Bedingung und suchten nach „quasiperiodischen“ Signalen, also solchen, die nicht vollständig gleichmäßig sind. Und sie wurden fündig: Unter insgesamt über siebenhundert Gamma-Ausbrüchen fanden sie zwei, die ein charakteristisches Zirpen zeigen, so wie es bei der kurzzeitigen Bildung eines Neutronensterns zu erwarten ist.
Damit, so die Wissenschaftler, steht den Astronomen eine neue Methode zur Verfügung, um die Verschmelzung von Neutronensternen zu untersuchen – selbst dann, wenn es zu solchen Ereignissen keine parallele Messung im Bereich der Gravitationswellen gibt. Aus einer genauen Untersuchung solcher Verschmelzungen erhoffen sich die Forscher unter anderem neue Erkenntnisse über den Zustand der Materie in diesen extrem dichten Himmelskörpern.
Bildquelle: ESA, CC BY-SA 3.0 IGO