Ihre jugendliche Reinheit könnte täuschen, wie Computersimulationen zeigen
Die Ringe des Planeten Saturn bestehen aus erstaunlich reinem Wassereis. Deshalb, so folgerten Planetenforscher bislang, müssen sie astronomisch gesehen jung sein, maximal 400 Millionen Jahre alt, denn sonst wären sie durch den stetigen Zustrom von Mikrometeoriten längst verschmutzt. Doch der jugendliche Eindruck der Saturnringe könnte täuschen, wie jetzt Computersimulationen eines Forschungsteams aus Japan und Frankreich zeigen. Wie die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature Geoscience“ berichten, hinterlassen Mikrometeoriten kaum Spuren in den Ringen.
„Unsere numerischen Simulationen von mit hoher Geschwindigkeit erfolgenden Einschlägen der Mikrometeoriten auf Eispartikel des Ringes zeigen, dass das Gesteinsmaterial der Mikrometeoriten von den Ringen nicht so bereitwillig aufgenommen wird, wie bislang angenommen“, schreiben Ryuki Hyodo von der japanischen Weltraumagentur Jaxa und seine Kollegen. Denn die hohe Energie der Einschläge führe zu einer völligen Verdampfung der Mikrometeoriten.
Dieser Gesteinsdampf besteht aus elektrisch geladenen Ionen, zum Teil kondensiert er auch zu Nanopartikeln, die dann ebenfalls elektrisch geladen sind. Und diese elektrische Ladung verhindere, so die Wissenschaftler, das Verbleiben der Überreste der Mikrometeoriten im Ring: Das Magnetfeld des Saturn befördert die Ionen und die Nanopartikel aus dem Ring heraus, ein Teil dringt in die Atmosphäre des Planeten ein, der Rest entschwindet wieder ins ferne Weltall.
Insgesamt verbleibt so weniger als ein Prozent des von außen einströmenden Materials in den Ringen – bislang gingen die Planetenforscher von mindestens zehn Prozent aus. Damit könnten die Saturnringe über vier Milliarden Jahre alt sein und möglicherweise vor 4,5 Milliarden Jahren gemeinsam mit dem Planeten entstanden sein.
Über das Alter der Saturnringe streiten Astronomen seit Jahrzehnten. Die Ringe sind kein festes Gebilde, sondern bestehen aus kleinen Teilchen, deren Größe sich von winzigen Körnchen bis zu einigen Metern erstreckt. Die Ringe sind dabei nur zehn bis hundert Metern dick, aber das Ringsystem hat einen Durchmesser von fast einer Million Kilometern.
Messungen der Raumsonde Cassini zeigten 2004 zur Überraschung der Planetenforscher, dass die Ringe erstaunlich rein sind: Sie bestehen aus Wassereis, das lediglich mit einem Anteil von höchstens zwei Prozent mit anderen Stoffen verschmutzt ist. Damit schien die Frage nach dem Alter der Saturnringe geklärt – maximal 400 Millionen Jahre, sonst müssten der Anteil an anderen Stoffen sehr viel größer sein.
Doch immer wieder äußerten Wissenschaftler Zweifel an dieser Interpretation. Diese Zweifel wurden unter anderem auch dadurch genährt, dass Cassini einen Strom von dunklerem Material – das also nicht aus Eis besteht – aus dem Ring Richtung Saturn nachwies. Mit ihren Simulationen könnten Hyodo und seine Kollegen jetzt die Ursache dieses Stroms aufgespürt haben – und damit einen Selbstreinigungsmechanismus der Ringe.
Endgültig geklärt dürfte die Frage nach dem Alter der Saturnringe aber auch damit nicht sein. Denn das Computermodell von Hyodo und seinen Kollegen macht noch eine Reihe vereinfachender Annahmen über die Eispartikel in den Ringen, berücksichtigt beispielsweise nicht ihre Porosität. Weitere Forschungen sind also nötig – und vielleicht fördern sie neue Argumente für ein junges Alter der Ringe zutage.
Bildquelle: NASA/JPL