Die Zwerggalaxie Leo P zeigt keine Anzeichen für Begegnungen mit anderen Galaxien - möglicherweise ist sie seit ihrer Entstehung ungestört geblieben
Bloomington (USA) - Im Vergleich zur Milchstraße ist Leo P ein Zwerg: Sie enthält nur einige hunderttausend Sterne im Gegensatz zu den bis zu 300 Milliarden Sternen der Galaxis. Amerikanische Astronomen haben die neue Nachbargalaxie zufällig bei der Suche nach Wasserstoff-Wolken außerhalb der Milchstraße aufgespürt. Das fünf bis sechs Millionen Lichtjahre entfernte Sternsystem ist möglicherweise eine Zwerggalaxie im ursprünglichen Zustand, denn sie zeigt keine Anzeichen für Begegnungen mit anderen Galaxien, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt „Astronomical Journal“.
„Die Eigenschaften der Galaxie sind extrem“, schreiben Katherine Rhode von der Indiana University in Bloomington und ihre Kollegen. „Unter allen bekannten Systemen mit einem hohen Anteil an Gas und aktiver Sternentstehung besitzt diese Galaxie die geringste Masse.“ Die meisten Zwerggalaxien sind Begleiter großer Galaxien. Nahe Vorübergänge an Systemen wie der Milchstraße oder der Andromeda-Galaxie entreißen den Zwergsystemen zumeist ihr Gas und verhindern so, dass dort weitere Sterne entstehen können.
Zwerggalaxien weit entfernt von großen Galaxien aufzuspüren, ist jedoch schwierig – sie können sich überall am Himmel befinden, leuchten aber nur schwach. Bei Leo P hatten die Astronomen Glück: Das kleine System durchläuft gerade eine außergewöhnlich aktive Phase der Sternentstehung. Viele junge helle Sterne lassen Leo P heller strahlen als normale Zwerggalaxien – aber nur für wenige Millionen Jahre. Rhode und ihre Kollegen waren zunächst bei Radiobeobachtungen mit dem Arecibo-Teleskop auf eine ungewöhnliche, sich schnell bewegende Gaswolke gestoßen. Optische Beobachtungen zeigten dann die hellen Sterne in der Wolke und führten so zu der Identifizierung von Leo P als Zwerggalaxie.
Die Astronomen hoffen nun, noch weitere, bislang unbekannte Zwerggalaxien in der näheren kosmischen Nachbarschaft der Milchstraße aufzuspüren. Bei ihren Radiobeobachtungen haben sie 59 ähnliche Gaswolken entdeckt. Nun sind optische Nachbeobachtungen dieser Wolken geplant – zumindest einige davon, so die Hoffnung von Rhode und ihrem Team, könnten ebenfalls ursprüngliche Zwerggalaxien sein.
Bildquelle: Riccardo Giovanelli et al.