Physiker und Genforscher entwerfen revolutionären neuen Detektor – das Gerät könnte die Richtung des „Fahrtwinds“ der Dunklen Materie bestimmen

Fairfax/Ann Arbor (USA)Etwa 80 Prozent der Materie im Universum ist unsichtbar und besteht aus bislang unbekannten Elementarteilchen. Astronomen konnten diese Dunkle Materie bislang nur indirekt über die Wirkung ihrer Schwerkraft nachweisen. Zwar versuchen mehrere Forschergruppen mit unterirdischen Detektoren die Teilchen der Dunklen Materie einzufangen – doch die Ergebnisse dieser Experimente sind widersprüchlich. Amerikanische Physiker und Genforscher haben nun gemeinsam ein revolutionäres Konzept für einen neuen Detektor auf der Basis der Erbsubstanz DNA entwickelt. Im Gegensatz zu traditionellen Detektoren wäre ein solches Gerät sogar richtungsempfindlich und könnte durch die Erddrehung verursachte tageszeitliche Schwankungen im Strom der Partikel nachweisen.

Der von Genforscher Andrzej Drukier vom Unternehmen Biotrace in Fairfax, der Physikerin Katherine Freese von der University of Michigan in Ann Arbor und ihren Kollegen entworfene neuartige Detektor besteht aus dünnen Goldschichten, an denen dicht an dicht DNA-Moleküle hängen. Die Moleküle sind identisch aufgebaut – bis auf eine Markierung an ihren frei hängenden Enden, in der die Position des jeweiligen Moleküls an der Goldfolie kodiert ist. Durchquert ein hochenergetisches Teilchen die Goldfolie, so kann es einen Gold-Atomkern herausschlagen, der eine Schneise durch den hängenden DNA-Wald schlägt. Die abgetrennten Moleküle lassen sich dann per Polymerase-Kettenreaktion milliardenfach vervielfältigen – so können die Forscher auf einen Nanometer genaue Informationen über den Durchschlagspunkt und die Flugrichtung des Teilchens gewinnen. Es ist insbesondere die Richtungsabhängigkeit, die einen solchen Detektor für die Forscher attraktiv macht.

Denn damit ließe sich der „Fahrtwind“ der Dunklen Materie nachweisen. Da sich das Sonnensystem durch die Dunkle Materie der Milchstraße hindurch bewegt, kommt der Strom dieser Teilchen bevorzugt aus der Richtung des Sternbilds Schwan. Dieser „Fahrtwind“ verstärkt sich, wenn die Erde sich auf ihrer Bahn um die Sonne in die gleiche Richtung bewegt. Zwar haben mehrere traditionelle Detektoren Hinweise auf solche jahreszeitlichen Schwankungen geliefert, aber diese Ergebnisse besitzen bislang nur geringe statistische Signifikanz und sind daher umstritten. Ein auf DNA-Molekülen aufgebauter Detektor könnte nicht nur jahreszeitliche Variationen, sondern sogar tageszeitliche Schwankungen durch die Erddrehung nachweisen. Und dank seiner Richtungsabhängigkeit könnten die Forscher mit einem solchen Detektor auch die Richtung des dunklen Fahrtwinds bestimmen und so andere Ursachen für die Variationen ausschließen.

Doch bis zum Bau eines DNA-Detektors für die Dunkle Materie müssen die Wissenschaftler noch eine Reihe von Hürden überwinden. Noch ist beispielsweise unbekannt, wie Gold-Atomkerne genau mit DNA-Molekülen reagieren – hier sind umfangreiche Untersuchungen nötig. Dann gilt es, ausreichend lange Moleküle in großen Mengen zu produzieren – und zu verhindern, dass sich diese Moleküle aufwickeln statt herunter zu hängen. Drukier, Freese und ihre Kollegen sind sich dieser Herausforderungen und der damit verbundenen Risiken bewusst – doch auf der anderen Seite sehen sie das gewaltige Potenzial ihres Entwurfs: „Zu vernünftigen Kosten können wir damit eine um das 1000-Fache verbesserte Auflösung gegenüber herkömmlichen Detektoren erreichen.“

Bildquelle: MCTP/Drukier et al.